Archivbild: Friedrich Merz und Markus Söder
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Söders neuer Sound in der K-Frage: "Einer von uns beiden"

CSU-Chef Söder schlägt auf Fragen nach dem Unions-Kanzlerkandidaten forschere Töne an: In einem Interview nimmt er NRW-Ministerpräsident Wüst aus dem Rennen und erklärt sich selbst zum Anwärter. Er bleibt hinter Merz in Lauerstellung. Eine Analyse.

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Er sagt es nicht nur einmal, sondern mehrfach innerhalb weniger Minuten: CSU-Chef Markus Söder erklärt sich im Interview für die ARD-Sendung "Hart aber fair" selbst zum Anwärter auf die Kanzlerkandidatur der Union bei der Bundestagswahl 2025 – und zwar zum einzigen neben dem CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es einer von uns beiden wird, ist gegeben", sagt Söder. "Denn einer muss es ja werden."

Schon angesichts der verstärkten Auslandsreisen Söders (China, Schweden, Serbien, Israel, demnächst Italien) hatten Beobachter wie zum Beispiel der bayerische Politikwissenschaftler und CSU-Kenner Heinrich Oberreuter spekuliert, dass Söder damit möglicherweise seine bundespolitischen Ambitionen untermauern wolle. Mit Aussagen wie bei "Hart aber fair" befeuert der CSU-Chef solche Überlegungen – und schafft vor allem eins: Wenn das Wort "Kanzlerkandidatur" fällt, folgt in der Regel rasch auch Söders Name.

Söders Aussagen im Wandel der Zeit

Zwar erklärt der bayerische Ministerpräsident in dem TV-Interview einmal mehr Merz zum Favoriten, lässt seine Ambitionen darüber hinaus aber deutlich stärker durchklingen als bisher. Im November hatte Söder bei "Markus Lanz" im ZDF betont, er sei in Bayern gewählt und bleibe dort natürlich. "Ich werde kein Kanzlerkandidat werden."

Anfang März sagte er im ARD-Talk "Caren Miosga", es gebe neben Merz in der CDU noch andere, "die wollen". In der CSU gebe es nur einen, der "möglicherweise" eine "theoretische Option" sein könnte. Mitte April versicherte er, bayerische Ministerpräsidenten seien "grundsätzlich ausbefördert", schränkte aber ein: Ausnahmen seien denkbar. Jetzt bezeichnet sich Söder selbst ganz selbstverständlich als einen von zwei möglichen Kandidaten.

Was ist mit Wüst?

Damit schließt der CSU-Politiker zugleich im Prinzip mögliche weitere CDU-Interessenten aus dem Kandidatenkreis aus. Moderator Louis Klamroth hakt nach: Ob das bedeute, dass der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst "raus" sei? Söder bleibt dabei: "Ich glaube, zunächst mal wären die Parteivorsitzenden die wahrscheinlichsten Kandidaten."

Einen Machtkampf mit Merz, der "normalerweise" der klare Favorit sei, schließt Söder aus – und stichelt gegen den ehemaligen CDU-Chef Armin Laschet, der sich 2021 im Machtkampf gegen ihn durchgesetzt hatte: Damals habe der "Ehrgeiz eines" sehr dominiert und die "Argumente in der Sache" überlagert. Den Namen Laschet nennt Söder nicht. Auf Nachfrage spricht er "von dem anderen eben, den jeder kennt".

Mit Merz verbinde ihn dagegen große Übereinstimmung. Sollte ein vorzeitiges Aus der Ampel doch zu einer vorgezogenen Bundestagswahl führen, würde er sich sehr schnell mit Merz einigen, schildert der CSU-Chef und betont ein drittes Mal: "Da wär's dann auch wahrscheinlich einer von den beiden."

Wüst hält sich bedeckt

Wüst selbst hält sich bei Fragen nach seinen Kanzler-Ambitionen bisher bedeckt, agiert defensiver als Söder: Weder bestätigt er sein Interesse, noch dementiert er es. Im Interview für die ARD-Dokumentation "Die Merz-Strategie – Wohin steuert die CDU?" sagte der NRW-Ministerpräsident: "Ich habe hier eine große Aufgabe in Nordrhein-Westfalen und die ist noch nicht vorbei. Und alles andere klären wir, wenn es dran ist." Damit meinte er die unionsinterne Absprache, dass die Kandidatenkür erst im Herbst nach den drei anstehenden Landtagswahlen erfolgen soll.

Der Frage, ob er eine Kandidatur seines Parteichefs Merz befürwortet, wich Wüst aus: "Wenn es dann entschieden ist, stehen wir wie ein Mann hinter dem Kandidaten, der es dann ist." Und wäre Söder ein guter Kanzlerkandidat? "Auch das wird sicherlich, wenn er Interesse hat, besprochen werden, wenn es so weit ist. Ich nehme wahr, dass er sich so äußert, dass er kein Interesse hat."

Merz glaubt Söder – Laschet ist skeptisch

Zu diesem Zeitpunkt kannte Wüst aber Söders neue Aussagen nicht. Genauso wenig wie Merz, als er sagte: "Markus Söder hat in den letzten Monaten dazu immer wieder dasselbe gesagt." Und er traue dem CSU-Vorsitzenden zu, "dass er das sagt, was er denkt".

Wer Söder sein vermeintliches Desinteresse ohnehin nie abgenommen hat, ist Armin Laschet: "Viele Sätze, die man hört vom bayerischen Ministerpräsidenten, habe ich auch schon mal gehört", sagte er vor drei Wochen in der ARD. Söder habe ihm 2021 gesagt, sein Platz sei in Bayern, als bayerischer Ministerpräsident sei man ausbefördert, die CDU habe das erste Vorschlagsrecht. "Ich kann die ganzen Sätze sagen", betonte Laschet. "Die hören wir jetzt wieder."

Söder hat in Umfragen die Nase vorn

Bei der Kür des Kanzlerkandidaten gilt es laut Merz, viele Faktoren zu beachten – beispielsweise, ob man Wählergruppen ausreichend erreiche. An diesem Punkt kommen allerdings Umfragewerte ins Spiel – und da schneidet der CDU-Chef schlechter ab als Söder. Im ZDF-Politbarometer vor wenigen Tagen landete Söder in der Bewertung der zehn wichtigsten Bundespolitiker hinter Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) auf Platz zwei – Merz folgte erst auf Rang sechs.

Als vor gut einem Monat nach dem aussichtsreichsten Kanzlerkandidaten der Union gefragt wurde, war Söder mit 27 Prozent vorn, dicht gefolgt von Wüst (25 Prozent). Merz kam auf 15 Prozent, Daniel Günther aus Schleswig-Holstein auf neun. Unter den Unions-Anhängern fiel das Ergebnis ähnlich aus: Söder stand mit 34 Prozent an der Spitze, 29 Prozent waren für Wüst, 20 für Parteichef Merz und sechs Prozent für Günther.

Söder bleibt im Gespräch

Die Politikwissenschaftlerin Jasmin Riedl von der Bundeswehr-Universität München sieht auch in Söders wiederholten klaren Absagen an Schwarz-Grün einen Schachzug mit Blick auf die Kanzlerkandidatur: Während sich Merz sukzessive für Schwarz-Grün öffne, baue Söder mit seiner Forderung nach Schwarz-Rot "seine Gegenstrategie" auf, schrieb sie auf X.

Parallel pflegt der bayerische Ministerpräsident weiter seine eigene Außenpolitik. Nächste Woche reist er nach Rom: zu Papst Franziskus und Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni. Auch diese Reise dürfte wieder öffentliche Aufmerksamkeit erzeugen – zusätzlich zu seinen Interviews. Söder sorgt dafür, dass er über Bayern hinaus im Gespräch bleibt. Zwar hat Merz aktuell die mit Abstand besseren Karten, bis zur Entscheidung sind es aber noch mehrere Monate. So lange dürfte die Frage nach der Kanzlerkandidatur auch weiterhin Markus Söder gestellt werden.

Im Video: Söders Reisen - Was soll das?

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