Zwei Anästhesie-Schwestern bereiten sich auf eine OP vor.
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Für OP-Pflegekräfte am Klinikum Fürth gilt nun testweise eine Vier-Tage-Woche.

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Vier-Tage-Woche für OP-Pflegekräfte in Fürth

Das Klinikum Fürth hat ein sechsmonatiges Pilotprojekt gestartet. Nach eigenen Angaben ist die Vier-Tage-Woche im Operationssaal deutschlandweit einzigartig. Wer will, kann es ausprobieren. Was das für das Personal und die Patienten bedeutet.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Tina Patogiannes und Valmonda Kelmendi sind zwei Anästhesieschwestern am Fürther Klinikum. Sie beiden arbeiten schon seit einem Jahr hier und sind mitverantwortlich für die Narkose. Beim Hände desinfizieren gehen sie schon mal durch, was heute auf ihrem Programm steht. Zwei Operationen sind fest eingeplant, urologische Eingriffe. Aber ob das so bleibt, das weiß Vamonda Kelmendi nicht. Es kann sich immer alles ändern, wenn ein Notfall reinkommt. Die beiden Anästhesieschwestern arbeiten Vollzeit, also 38,5 Stunden in der Woche. Jeder Tag ist anders und fordernd. Tina Patogiannes liebt ihren Job, auch wenn er anstrengend ist. "Das Team hier ist einfach fantastisch", sagt sie.

Seit Anfang des Monats testet das Klinikum die Vier-Tage-Woche für Pflegekräfte im OP. Viele Mitarbeitende hatten sich diese Möglichkeit gewünscht. Das Ganze ist freiwillig: Wer will, kann das neue Arbeitszeitmodell sechs Monate testen und sehen, ob es für ihn oder sie passt. "Laut unserer Recherche sind wir damit deutschlandweit die erste Klinik, die dieses neue Arbeitszeitmodell im OP wagt. Vier Tage arbeiten, drei Tage frei: Was im OP lange Zeit undenkbar schien, wird nun Realität", so der stellvertretende ärztliche Direktor Christoph Raspé.

Mehr Zeit für die Familie

Für Tina Patogiannes ein super Angebot, das sie gerne angenommen hat. "Ich bin Mama von einer kleinen Tochter und habe nun mehr Zeit, die ich besser nutzen kann für die Familie. Privatleben und Berufsleben sind für meinen Mann und mich damit besser umsetzbar". Sie habe einen ganzen Tag mehr Zeit, an dem sie sich um ihre Tochter kümmern kann. Ausflüge mit der Familie lassen sich so planen, aber auch Arzttermine, Wäsche machen und Einkaufen sind an dem zusätzlichen, freien Tag viel besser machbar, erzählt sie.

Vier-Tage-Woche bei gleichem Lohn

Den beiden Anästhesieschwestern war es wichtig, dass sie ihre Wochenarbeitsstunden dafür nicht reduzieren, sondern einfach umverteilen. Das ist bei dem neuen Arbeitszeitmodell möglich, erklärt Valmonda Kelmendi. "Ein großer Punkt ist, das brauchen wir nicht schönreden, das Gehalt. Mein Gehalt bleibt gleich. Ich bin zwar in der Woche weniger Tage in der Arbeit, bin dafür von den Stunden bisschen länger da. Aber dafür habe ich diesen freien Tag, den ich komplett ausschöpfen kann." Damit das möglich ist, arbeiten die Pflegekräfte an den vier Tagen jeweils anderthalb Stunden länger.

Entwickelt wurde das neue Arbeitszeitmodell unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Vorgaben. Christoph Raspé fasst das nochmal in konkreten Dienstzeiten zusammen: "Das bedeutet, sie arbeiten von morgens 7 Uhr bis 17 Uhr, also zehn Stunden. Davon sind 45 Minuten Pause. Sie kommen also auf eine Nettoarbeitszeit von neun Stunden und fünfzehn Minuten."

Wartezeiten für Patienten sollen sich verkürzen

Der stellvertretende Direktor ist überzeugt, dass die so entstandenen längeren Schichten auch den Patienten zugutekommen. Zudem erhöhe die Vier-Tage-Woche auch die Patientensicherheit. Weniger Personalwechsel und -übergaben würden zu einer besseren Versorgungsqualität führen. Ein entscheidender Punkt sei, dass die Pflegekräfte an ihren Arbeitstagen längere Schichten absolvieren, das schaffe neue Kapazitäten im OP, so Raspé. "Wir haben mehr Zeit zur Verfügung an diesen Tagen, um Operationen durchzuführen und um die Notfälle gut zu versorgen. Das heißt wiederum für den Patienten: Wir haben weniger Absagen für OPs, die Wartezeiten werden sich verkürzen. Denn die reine Arbeitszeit im Operationssaal verlängert sich brutto über die Woche sogar."

Motiviertes Personal Dank mehr Freizeit

Sechs Wochen im Voraus wird der Dienstplan gemacht. Eine Mammutaufgabe, die neu gedacht werden musste. Die beiden Anästhesieschwestern erfahren also frühzeitig, wann sie frei haben, können auch Wünsche etwa für ein verlängertes Wochenende angeben. Valmonda Kelmendi ist dabei sogar egal, welchen Tag sie zusätzlich frei hat. Auch freie Zeit unter der Woche ist für sie wertvoll. So könne sie Zeit für sich nutzen, um zu entspannen und um ihre Eltern zu sehen. Der zusätzliche freie Tag verschaffe ihr Freizeit und Erlebnisse, die ihr niemand nehmen könne. Sie ist überzeugt, dass das die Motivation aller im Team steigert, weil sie erholter zur Arbeit kommen.

Testphase für ein halbes Jahr

Das Klinikum Fürth wagt das Pilotprojekt erstmal für sechs Monate. "Mit der Vier-Tage-Woche reagieren wir auf die Bedürfnisse unserer Kollegen und Kolleginnen, Arbeitszeiten noch flexibler gestalten zu können. Unsere Mitarbeitenden haben die Wahl, ob sie die Vier-Tage-Woche ausprobieren oder bei der klassischen Fünf-Tage-Woche bleiben möchten“, erläutert Sergej Schlündt, Leiter der OP- und Anästhesiepflege am Klinikum Fürth. Alle anderen Arbeitszeitmodelle, wie Teilzeitmodelle oder "Kita"-Dienste mit verkürzten Arbeitszeiten werden auch weiterhin angeboten. Operiert wird weiterhin jeden Tag, auch am Wochenende.

Immer mehr Firmen testen gerade die Vier-Tage-Woche, bei gleichem Gehalt und gleicher Stundenzahl. Auch das Klinikum Fürth hat nun ein Pilotprojekt gestartet.
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Immer mehr Firmen testen gerade die Vier-Tage-Woche. Auch das Klinikum Fürth hat nun ein Pilotprojekt gestartet.

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